Normalerweise gibt es ja hier am #inspiration_friday ein Interview mit einer (anderen) Person, die ihr Herzensprojekt verwirklicht hat. Weil ich solche Geschichten hinter den Menschen mag, weil sie mich inspirieren, weil ich das teilen möchte, als Motivation für die Welt. Weil ich es sehr spannend finde, wie jemand dazu gekommen ist, genau diesen einen Weg zu gehen. Deshalb finde ich in letzter Zeit immer mehr Menschen, die so leben, die „ihr Ding machen“. Als ob ich sie plötzlich in mein Leben ziehe, auf wunderbare Art und Weise.

Heute ist es allerdings anders! Heute wird es sehr persönlich! Heute möchte ich Euch meine Geschichte erzählen, die den Weg beschreibt, wie ich zum Minimalismus kam und wieso die Aufräumerei MEIN Herzensprojekt ist. Was Herzensprojekte überhaupt mit aufräumen zu tun haben.

Ich durfte vor Kurzem selbst ein Interview geben. In einer Facebook-Gruppe zum Thema Minimalismus wurden Interviewpartner für eine Studienarbeit in Psychologie gesucht. Gefragt wurde, wie man zum Minimalismus kam, wie man den Lebensstil für sich definiert, wie man ihn lebt, welche Auswirkungen er auf die Mitmenschen und die Umwelt hat und noch einiges mehr.

Bei dem sehr netten Gespräch mit der angehenden Psychologin wurde mir wieder einmal sehr bewusst, wieso der Minimalismus genau die passende Lebensform für mich ist. Ich sollte berichten, wann und wie ich angefangen habe. Beim darüber Sprechen wurde mir der eigentliche Zeitpunkt plötzlich klar (den ich vorher vermutlich verdrängt hatte). Der Anstoß war der Umzug von einer deutlich größeren (und schöneren) Wohnung in eine sehr viel kleinere Wohung vor einigen Jahren, als ich mich plötzlich von all‘ den mich umgebenden Dingen erdrückt zu fühlen glaubte. Christian hat es letzte Woche so schön: „Wieder Luft zum Atmen“ genannt. Genau dies hat mir in diesem Moment (und den Monaten davor) gefehlt – Luft! Alles wurde plötzlich so eng und eingeschnürt, ich war von Dingen (und einer nicht mehr funktionierenden Partnerschaft) umgeben, die mich definitiv nicht mehr glücklich machten. So konnte es nicht weitergehen, jetzt war ich mir der Sache bewusst!

Ich fing nach und nach an, Dinge, die ich nicht mehr brauchte, auszumisten und wegzuschmeißen. Angefangen bei meinen Studienunterlagen, die ich quasi allesamt in den Altpapiercontainer schmiss. Was war das für eine Befreiung! Weiter ging es mit Kleidung, die einfach nicht mehr zu mir passen wollte. Ich fragte mich, ob mich das Teil (noch) glücklich machte. Erschreckenderweise tat es das bei Vielem nicht (mehr).

Ich hatte mich verändert, der Umzug und das Leben haben mich verändert, deshalb fiel es mir sehr leicht, diese nicht mehr stimmigen Dinge wegzugeben. Vieles habe ich verkauft, einiges auch direkt weggeschmissen. Ich hatte das Gefühl, dass ich bestimmte Sachen einfach gleich aus den Augen haben musste. Kennst du das? Wenn du dich von etwas trennst und es sofort danach weg muss? Mir ging es bei ziemlich vielen Teilen so. Als ob sie mir die Luft zum Atmen nahmen, dafür verantwortlich waren, dass ich mich nicht mehr gut fühlte. Scheinbar hat das gestimmt! Als ich sie nämlich weggegeben habe (wohin auch immer), ging es deutlich besser. Als ob man Stück für Stück freischaufelt, was die Seele belastet. In dieser Zeit kam dann auch die unabdingbare Trennung, nach der ich aus der Wohnung ausgezogen bin. Das war nicht leicht, natürlich. Es tat sogar verdammt weh. Aber es war gefühlt wie bei einem Pflaster, das man mit einem Ruck abzieht. Es tut wahnsinnig weh, aber dann ist es vorbei. Dann kann es nur noch besser werden. Weil der Schmerz nun langsam nachgelassen hat, weil die Wunde heilen konnte. Ab dann ging es nicht gleich bergauf. Ich musste mich erst finden, wer war ich nun? Wer wollte ich in Zukunft sein? Alles hatte sich verändert in meinem Leben, es war eigentlich kein Stein mehr auf dem anderen. Meine Basis war weggebrochen. Alles war anders! Aber hier sah ich das erste Mal die Chance, was ich noch aus mir und meinem Leben machen konnte.
Mit wenig Gepäck bin ich ausgezogen. Ich merkte für mich, wie gut mir das tat. Mit leichtem Gepäck durch’s Leben reisen gefiel mir. Weil ich nicht mehr an Dingen hing, sie bedeuteten mir nicht mehr so viel wie früher. V.a. wollte ich mich durch Gegenstände nicht an Situationen in meinem Leben erinnern, die schmerzten. Ich wollte ja neu beginnen. Ist es da nicht verständlich, dass man neue Erinnerungen und Momente schaffen will? Freilich kamen nach und nach wieder Sachen in mein Leben, ich lebe nicht asketisch oder nur mit 100 Dingen. Ich finde, dass eine bestimmt Anzahl an Gegenständen nichts darüber aussagt, wie ich zu leben habe. Ich habe noch genug, aber es genügt mir so, wie es ist. Nach einem schweren Schicksalsschlag, verbunden mit dem Auflösen eines Haushaltes, wurde mir noch mehr bewusst, dass man am Ende nichts mitnehmen kann. Deshalb habe ich beschlossen, dass ich im Hier und Jetzt leben möchte, leicht und unbeschwert, frei von Ballast und störenden Dingen. Also musste ich komplett ausmisten – alles. Und wenn ich alles schreibe, meine ich buchstäblich alles. Ich hatte mir einen Monatsplan erstellt (ich liebe Listen & Pläne), nach dem ich systematisch vorgegangen bin. Im Mai war das Außen dran, im Juni das Innen!

Für alle, die nicht gerne ausmisten und aufräumen, sei gesagt: das Ausmisten und neue Ordnung schaffen im Äußeren war definitv die leichtere Aufgabe. Vom Keller bis zum Dachboden kam jeder.einzelne.Raum dran! Die Männer vom Wertstoffhof kannten mich in dieser Zeit sehr gut, schließlich war ich oft dort. Ich bin durch jeden einzelnen Raum gegangen und habe eine Bestandsaufnahme gemacht. Was ist hier, zu welchem Zweck halte ich mich hier auf, was möchte ich behalten, was stört mich und soll verändert werden? Ich schrieb alles auf. Jedes einzelne Teil wurde in die Hand genommen, geprüft, ob es noch bleiben darf, weil ich es möchte. Ob es mich „glücklich“ macht, habe ich mich gefragt.

Natürlich machen mich Haushaltsgegenstände wie Staubsauger und Co. nicht zwingend glücklich, aber funktionelle und mir dienliche Dinge durften dennoch bleiben. Aber ich habe unzählige Tassen, Kissen, Schüsseln, Vasen, Dekogegenstände, Bücher, Stifte, Blöcke usw. entsorgt bzw. verschenkt oder verkauft, so dass ich eine überschaubare, mich glücklich machende Anzahl von Gegenständen behalten habe. Klamotten waren natürlich ebenfalls auf dem Zettel und wurden nach diesem Credo sortiert. Ausräumen ist ein Prozess, ich habe ein tolles Kleiderschranksystem (selbst entworfen und mit Hilfe gebaut), mein nächstes Projekt in dieser Richtung ist der Aufbau einer Capsule Wardrobe, das entspricht von der Idee genau meinem Geschmack. Wenige, ausgewählte Lieblingsteile, die man allesamt gut miteinander kombinieren kann, so dass ich früh nur einen kurzen Blick auf meine Kleiderstange oder in meine Kommoden werfen muss, um sofort schick und bequem angezogen zu sein. Nach Marie Kondo und ihrem Buch Magic Cleaning* eingeräumte Schubladen machen das Leben ohnehin schon sehr leicht. Diese Dame, in ihren Ansichten zum Teil etwas radikal, hat aufräumtechnisch mein Leben verändert!

Ihr Motto:

„Does it spark joy?“

– macht es dich glücklich? hat mir wirklich geholfen. Außerdem habe ich eine genaue Vorstellung von meinem Leben, meinem sogenannten „Idealleben“, also wie ich einmal leben möchte. Deshalb habe ich die Frage für mich noch etwas ausgeweitet, so dass es lautete:

Macht es mich glücklich und hat es Platz in meinem Idealleben?

Ein Augenöffner für mich! Marie Kondo empfiehlt die Einteilung in verschieden Kategorien, nach denen man ausmisten solle. Für mich war das von Anfang an schlüssig. Schließlich ist das Ausmisten wirklich wie ein Muskel, den man trainieren muss. Vom Leichteren zum Schweren. Deshalb beginnt man mit unverfänglichen Teilen und arbeitet sich zum Kern vor. Sie unterteilt die Sachen in fünf Kategorien:

  1. Klamotten
  2. Bücher
  3. Unterlagen
  4. Kleinkram (das ist so ziemlich alles andere)
  5. Erinnerungsstücke

Nach Klamotten und Büchern ist man wirklich im Ausmistfieber, dann tut es auch nicht mehr weh, versprochen! Auf keinen Fall würde ich mit Erinnerungsstücken beginnen, das ist zu heftig, man hält sich zu sehr bei Briefen, Bildern, Fotos auf. Schwelgt in Erinnerungen, Gedanken an die Vergangenheit, die vielleicht auch ihre Tiefen hatte.

Deshalb war der zweite Teil meiner selbst gewählten Aufräumprozedur (das Innere) so etwas wie die 5. Kategorie bei Marie Kondo. Fotos, Alben, Briefe, Schmuck usw. wurden genauso gesichtet wie alte Glaubenssätze, Verpflichtungen, Verbindlichkeiten, Kontakte (kurz nach dieser Zeit ist plötzlich mein Handy defekt geworden, ich hatte nach einem Update keinen einzigen Kontakt mehr! Zufall? Vielleicht eine Fügung des Schicksals, so radikal hätte vermutlich nicht einmal ich ausgemistet. Aber wie durch ein Wunder habe ich heute genau die Kontakte wieder, die mir etwas bedeuten). Ich habe Briefe an meine Eltern, Ex-Partner, Freunde usw. geschrieben (es ging mir nie um das Abschicken, nur um das Schreiben und Verarbeiten). Alles, wofür ich wütend und auch dankbar war, wurde niedergeschrieben. Das war z.T. äußerst schmerzhaft, ich habe in dieser Zeit sehr viel geweint. Aber ich musste durch diesen Reinungsprozess durch, bin danach befreiter und entspannter herausgegangen – wie Phönix aus der Asche! Als ob man den Schmerz noch einmal durchleben muss, damit er gehen kann. Ich habe alles verziehen, bereue nichts. Ich bin gestärkt und gefestigt dadurch.

Dann, nach all dem Abwerfen von innerem und äußerem Ballast, habe ich es gespürt: Nämlich das, was ich wirklich will! Ich habe so vieles in meinem Leben durchgemacht und erlebt. Und es hat mich genau zu der gemacht, die ich jetzt bin. Mit allen Schwächen, aber v.a. mit all‘ meinen Stärken und Fähigkeiten, die ich nun nicht mehr hinterm Berg halten möchte. Ich weiß, dass ich dafür brenne, mein Herzensprojekt zu leben. Und ich weiß aus eigener Erfahrung, dass das Aufräumen bei mir der Schlüssel war. Und das Schloss ist nun offen! Und diese Energie, diese Leidenschaft war wirklich unter all dem Ballast und Müll vergraben, unter Erinnerungen und Verpflichtungen, so dass ich überhaupt keine Idee davon hatte, was ich wirklich will im Leben.

Und mit jedem Teil, das weggegeben wurde, mit jeder Verpflichtung, die ich losgelassen habe, mit jedem negativen Kontakt, der gekappt wurde, kam mehr und mehr von mir und dem Wunsch zu Tage, etwas Sinnvolles zu tun, anderen Menschen dabei zu helfen, ebenfalls ihr Herzensding zu finden – unter ihrem seelischen Müll und äußeren Ballast.

Wie außen so innen. Wie innen, so außen!

Weil ich weiß, auf was es ankommt. Weil ich die Tücken des inneren Schweinehundes kenne (wir sprechen mittlerweile eine Sprache), der sich wehrt. Der sich vor allem gegen Neues wehrt, egal ob gut oder schlecht. Aber etwas altes und unliebsames hinter sich zu lassen, ist immer gut. Es sprengt Ketten und befreit. Und fortan wusste ich, dass ich dabei unterstützen will, diese Ketten bei anderen Menschen zu sprengen. Mit denen den ersten Schritt zu gehen, die vor lauter Terminen und Dingen nicht dazu kommen, sich ihr Leben anzuschauen und zu prüfen, ob darin noch alles passt. Oder ob sie schnurstracks an ihren Träumen (sofern überhaupt noch vorhanden) vorbeileben. Ich bin der Meinung, dass jeder ein besonderes Geschenk für die Welt hat, dass er mit seiner bestimmten Gabe oder Fähigkeit sich und anderen Gutes tun kann. Und dieses in aller Munde bekannte Ausmisten ist für mich der perfekte Schlüssel dazu. Weil er alles öffnet, was geöffnet werden muss, was den Weg versperrt. Das ist er sicher nicht für alle, aber alle, für die er ist, sind bei mir goldrichtig.

Der Blog ist deshalb entstanden, da ich immer mehr Menschen kennenlerne (bzw. nachhelfe), die ihr Herzensding schon voll ausleben. Das inspiriert mich, ich mag eben die Geschichten dahinter, wie kam es dazu, was war ausschlaggebend für den Start, welchen Weg sind sie gegangen, welche Steine lagen im Weg und mussten beiseite geschafft werden, welche Lektionen wurden gelernt… Ich spüre die Energie, die solche Herzensmenschen verbreiten und bin der Meinung, dass diese verbreitet werden soll – als Inspiration für alle, die vielleicht noch nicht ganz so weit sind, die noch zaudern oder in den Startlöchern stehen – oder die sich wie ich einfach an tollen Geschichten erfreuen können.

Das war nun meine ganz persönliche Geschichte dahinter, damit du endlich auch erfährst, was es mit der Aufräumerei und dem Blog (der erst einmal nichts damit zu tun zu haben scheint) auf sich hat. Ich habe meine Erfahrungen und mein Wissen schon immer gerne geteilt, weil ich denke, was mir gut tut, darf und will ich nicht für mich behalten. Ich liebe es selbst, immer wieder durch Gespräche oder per Zufall tolle Buch-, Blog-, Podcast- oder Seminartipps zu bekommen, so dass es ein Geben und ein Nehmen im Leben ist, ein natürlicher Kreislauf. Und manchmal ist es eben der eine Podcast-Tipp, der im Innen etwas bewirkt. Oder der Blogbeitrag von xy, der dir die Augen öffnet. Ich selbst liebe Podcasts, die ich beim Putzen oder Wäsche zusammenlegen höre, ich mag diese inspirierenden Ansätze, die oft genau richtig und passend für meine Stimmung sind, machmal ist das fast etwas unheimlich, wie passend sie sind. Andere Menschen haben vielleicht genau das schon durchlebt, was mir gerade jetzt noch fehlt. Und es ist doch perfekt, dass wir nicht alles im Leben selbst durchmachen müssen, oft reicht doch auch ein Input von außen, der mir genau das fehlende Puzzleteil bringt, das mein Bild vervollständigt. Genauso können es Bücher und Blogbeiträge, Zitate und Bilder sein – deshalb bin ich der Meinung, dass ein fleißiges Teilen dieser Hinweise immer gerade irgendjemandem gut tun! Jeder braucht etwas anderes und das auch oft zu einem anderen Zeitpunkt. Ich bin hier und bin bereit, wenn du es auch bist!

Mein Motto lautet:

Mach’s einfach

Und genau das habe ich jetzt getan!

Und nun? Ich bin noch lange nicht am Ziel angekommen, bin aber auf einem sehr guten Weg, den ich wirklich genieße. Mit allem, was passiert. Mir wird es immer wichtiger, einfach zu leben.

Einfach im doppelten Sinne. Das Leben genießen, Freude an allem zu haben, Freude daran, mit meinen Lieblingsmenschen Zeit zu verbringen und die Momenten voll auszukosten. Und einfach im praktischen Sinne: Ursprüngliche Lebensmittel konsumieren, einen nachhaltigen Lebensstil führen, ich will mit einem guten Gefühl durchs Leben gehen, für das andere später nicht büßen sollen. D.h. der Verzicht auf Plastik, das Schützen und Bewahren der Natur, Vermeiden von stark verarbeiteten Lebensmitteln und von Produkten aus nicht tiergerechter Haltung usw. stehen im Vordergrund. Ich versuche außerdem, immer mehr selbst herzustellen, weil es einfach und günstig und befriedigend ist, zu wissen, was drin ist – weil ich es so gemacht habe. Dazu ist es ein wunderbares Gefühl, alles in schönen Gläsern mit meinen Aufklebern stehen zu haben. Die Ordnung & Ästhetik schließen sich nämlich in keinem Fall aus – im Gegenteil. Klar und pur mag ich es; gewisse Routinen erleichtern meinen Alltag, so dass ich mir über bestimmte Abläufe (wie putzen, einkaufen, planen) keine Gedanken machen muss, weil sie fester Bestandteil des Alltags sind. Das entspannt mich ungemein. Und genau davon versuche ich möglichst viel in mein Leben zu bauen – denn wer sagt denn, dass es NICHT einfach sein darf? Ich mache mir also „die Welt, wie sie mir gefällt (Widdewiddewit)“, frei nach Pippi Langstrumpf 😉

Ich freue mich nun, dass wir diesen Lebensweg zusammen gehen und uns gegenseitig ein Stück begleiten und bereichern!

Aufgeräumte Grüße,
Deine Petra

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