Fragezeichen

Heute möchte ich euch einen Blogartikel präsentieren, um die „Menschen dahinter“ kennenzulernen (dahinter heißt in diesem Fall: die Leserinnen hinter meinem Blog). Dafür habe ich mir 5 Fragen überlegt, deren Antworten sehr viel über die Menschen aussagen und deren Geschichte etwas besser verstehen lassen. Abgeguckt habe ich mir das Format von den NDR Kultur Video-Interviews, wo Schauspieler, Autoren und Musiker nach Literatur, Musik und auch nach ihren Stimmungen befragt werden. Sehr sehenswert.

Die erste Antwort kam direkt von einer liebe Leserin, die mir schon länger folgt, ihr Name ist Sandra (auf eigenen Wunsch möchte sie anonym bleiben). Das respektiere ich absolut, der Name ist hier nicht entscheidend, sondern die mutige Person dahinter, die sich meinen Fragen so offen gestellt hat. Übrigens arbeite ich in meinen Coachings sehr gerne mit Fragen, weil man sie sich selbst oft nicht beantwortet, einer neutralen, außen stehenden Person aber schon. So hatte ich z.B. in eigenen Coachings schon die besten Erkenntnisse und Learnings. Aber keine Angst, meine Rubrik „5 Fragen an…“ ist kein öffentliches Coaching sondern reines Interesse an den Personen, die ich oft nur per Mailadresse kenne 😉

Diese Fragen habe ich vor Kurzem per Newsletter an alle Abonnentinnen geschickt:

  1. Wer bist du, was beschäftigt dich gerade? (Das kann alles sein: Gutes und Negatives)
  2. Wovor „drückst“ du dich immer wieder (erfolgreich)? Welcher Punkt auf deiner To Do – Liste wandert immer wieder unerledigt zur nächsten Liste?
  3. Wenn dir eine gute Fee (in dem Fall ich) einen Wunsch erfüllen könnte, was würdest du gerne davon erledigt haben wollen? Und warum?
  4. Woran liegt es, dass du diesen Punkt / diese Punkte immer wieder verschiebst und nicht angehst?
  5. Was bräuchtest du, damit du diesen Punkt / diese Punkte endlich ein für allemal abhaken könntest (außer der guten Fee!)?

Und nun zu Sandras Antworten

Seid gespannt, ich denke, dass Sie einigen von euch aus der Seele spricht!

„Eins vorweg – ich habe mit 49 das E-Bike fahren für mich kennengelernt und auch ich dachte – „dafür bist du zu jung!“ und auch ich finde dass es soviel Spaß macht und so glücklich macht die Welt damit zu erkunden – ich liebe es! Und ich mag es auch so gerne die Geschichten von anderen zu lesen – von daher lese ich ganz viel in den Interviews, welche du zur Verfügungen gestellt hast – es finde es sehr inspirierend den Weg anderer Menschen kennenzulernen – gerade auch über das Thema – wie war der Weg von viel zu wenig, wie wurden die Hürden überwunden – oftmals fände ich es schön dies noch viel detaillierter hören zu können, ich finde dies dann oft als sehr hilfreich sich selbst zu entwickeln“ (Anm.: Sehr interessant, danke für das Feedback, wird für zukünftige Interviews berücksichtigt! Ich finde diesen Punkt ebenfalls sehr wichtig, weil ich finde, dass man nicht alle „Fehler“ selbst machen muss, sondern gut aus den Erfahrungen der anderen lernen kann)

1 Wer bist du, was beschäftigt dich gerade? (Das kann alles sein: Gutes und Negatives)

Ich bin Sandra, bin dieses Jahr fünfzig geworden, Mama von 2 Mädchen – mittlerweile schon zwanzig und fünfzehn und (Ehe) Partnerin. Wir leben in einem total schönen – sehr aufwendigen selbstgeplantem Haus, mit viel Glas, offenen Lebensbereichen und zwei großen Hunden, mit Garten und integriertem Büro im Keller. Irgendwie bin ich immer auf der Suche nach „Glück“ – was macht mich glücklich. Eine Sehnsucht nach Berufstätigkeit war nie wirklich in mir vorhanden, obwohl ich meine Ausbildung als Erzieherin immer sehr gut ins Familienleben integrieren konnte und die Selbständigkeit meines Mannes auch immer Aufmerksamkeit verlangt. Mich immer und immer dem Thema Ordnung (innen und außen) zu widmen ist sehr aufwendig, da unsere Hunde auch sehr dazu beitragen, dass es im Grunde selten nichts zu tun gibt. In unseren Wohnräumen leben wir – aufgrund meines Wirkens – recht überschaubar. Alles hat seinen Platz (außer bei den Kindern) und das was wir in den Wohnräumen haben – fällt überwiegend unter die Ruprik (alles ist gut). Nur im Keller nicht ganz. Hier gibt es noch die Bereiche des „Aufhebens“ und den letzten Umzuges. Mein Inneres hat dieses Verlangen, wenn mein Leben mal zu Ende ist – meine Kinder sollen nicht mit „Haus ausmisten“ beschäftigt sein – ich möchte mal leicht gehen. Ich lebe viel nach dem Prinzip der „magischen Küchenspüle“ – putze und räume nach Zonen auf und möchte gerne am Nachmittag im Haus nichts mehr tun müssen – von daher sollte alles einen Platz haben – was immer wieder von den Familienangehörigen ignoriert wird … Das bin also ich.

Was beschäftigt mich:

  • immer und immer wieder – das immense Konsumverhalten der Menschen
  • die überlastete Welt, eine Welt die aus den Fugen gerät
  • wie kann man die Gewohnheit des Schenkens in festen Familienstrukturen
  • verändern (auch sich selbst in seinen eigenen Gewohnheiten), um minimalistischer und bewusster leben zu können
  • wieso spüren andere Familienmitglieder nicht diese Sehnsucht nach „wenig“ oder die Negativität von Gerümpel?
  • Könnte ich meine Familie aufgeben, um in einem absolut minimalistisch aufgeräumten Zuhause leben zu dürfen?
  • Wie ertrage ich die Unordnung der anderen? Warum lernen die anderen nicht durch das Vorleben?
  • Wenn die Lebenserhaltungskosten (Lebensmittel, Benzin, Gas …) immer mehr steigen, hat dies Auswirkungen auf das Kaufverhalten der Menschen?
  • Gäbe es dabei eine Chance von unbewussten Konsum auf bewusstes Konsumverhalten umzusteigen? (in meiner Welt geht es nicht immer nur um mich, ich beschäftige mich auch viel mit dem Gesamtverhalten der Menschen).

2 Wovor „drückst“ du dich immer wieder (erfolgreich)? Welcher Punkt auf deiner To Do – Liste wandert immer wieder unerledigt zur nächsten Liste?

  • mein Kellerzimmer aufzuräumen, weil ich mich davor drücke
  • Erinnerungsstücke wegzugeben oder zu verschenken (die Bibel meiner Eltern zu meiner Firmung, die Schutzengel der Kinder – weil es könnte ja dann tatsächlich was passieren wenn ich sie weggebe
  • das gemalte Bild meiner Tochter aus dem Kunstunterricht
  • Bilder aus dem alten Haus (weil mein Mann sie mir geschenkt hatte)
  • Weil ich manchmal an einem Gegenwert hänge (lieber doch noch verkaufen als sie ins Kaufhaus kostenlos zu bringen). Dann funktioniert aber nicht die Handyverbindung zum Computer und ich bräuchte erst jemand der hilft die Bilder auf den Computer zu ziehen – also bleibt es wieder stehen
  • Sachen zum Kinderschutzbund zu bringen – sie stehen schon in den Kisten und trotzdem ist immer das Gefühl – oh je – wenn ich es weggebe ist es weg
  • auch Sachen wegzuwerfen – ohne Gegenwert (den fünfzigsten Radiergummi der Kinder – die Füller aus der Schulzeit – den Bürostuhl der doppelt ist …)

3 Wenn dir eine gute Fee (in dem Fall ich) einen Wunsch erfüllen könnte, was würdest du gerne davon erledigt haben wollen? Und warum?

Wenn ich eine gute Fee hätte, dann sollte sie all das was versorgt werden soll – entsorgen – verschenken – verkaufen – spenden, damit die Zimmer im Keller – außer mit ganz wenigem und dem noch wichtigen leer wären. Vielleicht sollte sie all das mitnehmen was nicht wichtig ist und von dem ich immer glaube es wäre wichtig zu behalten. Es solle sich alles frei anfühlen, damit viel leichte Zeit zurückbleibt um das Leben mit schönen Dingen füllen zu können. Und sie solle doch so ein kleines bisschen das Bewusstsein bei den anderen Familienangehörigen zaubern – dass wir all das viele nicht zu einem glücklichen Leben brauchen.

4 Woran liegt es, dass du diesen Punkt / diese Punkte immer wieder verschiebst und nicht angehst?

Es liegt wohl darin, dass es in mir etwas gibt, das ist so stark – wie so ein Klotz im Inneren, der die Dinge nicht gehen lassen kann – weil es Erinnerungen sind, weil ich es nicht neu kaufen möchte, wenn es dann doch fehlt, weil viele Sachen noch so gut sind  (obwohl ich mich nach unserem Umzug vor zwei Jahren wirklich von vielem getrennt habe. Und ich finde nicht, dass es so ist wie oft in den Büchern beschrieben – wenn etwas weg ist, dann vermisst man es selten- ich vermisse schon Dinge von denen ich mich getrennt habe. Auch wenn ich sie nicht unbedingt hier haben möchte, aber ich vermisse es sie manchmal anzulangen, sie zu sehen.

Oder es ist so, dass ich denke – „das könnten die Kinder doch noch für ihre Kinder gebrauchen“ Oder die Kinder brauchen dies mal für ihre Erinnerungen.

Was ein ganz schwieriger Punkt ist – ist die Farbe von Gegenständen. Ganz schwer kann ich Sachen hergeben in den Farben rot, gelb und orange. Diese Farben strahlen so sehr für mich – drücken so eine Lebensfreude aus und da tue ich mir sehr schwer. Ob es die Wanduhr der Kinder in orange war – oder die bunte Halskette, welche ich nie getragen hatte, aber die Perlen so schön bunt waren – oder der kleine Küchenmixer in rot.

Oder sehr teure Gegenstände sind auch schwer wegzugeben. Obwohl ich sie dann auf dem Flohmarkt oft für wenig Geld hergeben, weil ich immer denke – „wir haben ja eigentlich genug und es ist besser sie finden einen neuen Besitzer“ ,aber irgendwie tut es doch weh im Inneren.

Ich versuche meinen Kindern heute schon zu vermitteln, sich nur ganz wenig anzuschaffen, da eine Trennung später immer sehr aufwendig und schwierig sein kann (sie verstehen es heute nur noch nicht so richtig).

5 Was bräuchtest du, damit du diesen Punkt / diese Punkte endlich ein für allemal abhaken könntest (außer der guten Fee!)?

Was ich bräuchte wäre vielleicht mal jemand der mich an die Hand nimmt und mir hilft. Ich mache dies ja bei meiner Familie – helfe immer wieder den Kindern oder meinem Mann (hier sortiere ich die Kleidung regelmäßig aus und verkaufe sie über momox) – aber mir hilft ja niemand über diesen schwierigen Schritt des Loslassens. Wenn alles weg wäre würde ich eigentlich die Sachen gar nicht vermissen. Manchmal packe ich auch Kisten, verschließe sie und gebe sie ein Jahr später ungeöffnet weg und dann ist es gut. Oder eine Verknüpfung mit anderen Menschen die genauso denken. Bisher lebe ich viel von meinem Inneren selbst – es gibt kaum einen anderen Menschen in meinem Umfeld der dieses Interesse teilt.

Allerdings ist es nicht so, dass ich mich nicht bewege – ich arbeite mich schon Schritt für Schritt vor und lebe schon fast in einem Haushalt der dem nahe kommt, was in mir schlummert. Und es gibt dieses wundervolle Zitat: wenn du etwas loslässt fühlst du dich leicht – wenn du viel loslässt fühlst du dich noch leichter und wenn du ganz loslässt fühlst du dich frei. Und da geht es ja nicht nur um Gegenstände – dazu gehören ja auch Gewohnheiten, Menschen – Verpflichtungen, Ansichten.“


Vielen lieben Dank Sandra für deine ehrlichen Antworten. Es ist mir eine große Freude, dich kennenzulernen!

Vielleicht hast du als Leserin ja ebenfalls Lust, mir die 5 Fragen einmal zu beantworten, unter den zahlreichen Zuschriften wähle ich zukünftig immer wieder welche aus, die ich hier auf dem Blog veröffentliche. Falls du meinen Newsletter noch nicht abonniert hast, kannst du das hier gerne noch tun: Zum Newsletterabo.

Aufgeräumte Grüße,
deine Petra ❤