Vor einigen Monaten bin ich über Instagram auf Marc Tillmann gestoßen. Wir interessieren uns für die gleichen Themen, wie z.B. Persönlichkeitsentwicklung, aus einer Krise heraus etwas Großartiges erschaffen, Meditation, Rituale und noch gefühlt 1000 andere Dinge mehr. Es war also kein Wunder, dass ich ihn „gefunden“ habe! In seinen Posts konnte ich herauslesen, dass er nachdenklich und positiv zugleich ist, dass er weiß, was er will – und was er nicht will. Kurzum: ich wusste, dass ich Marc interviewen und seine inspirierende Geschichte erzählen möchte.

Deshalb freue ich mich nun sehr, dass ich Euch mit in seine Welt nehmen darf, eine Welt, in der viel arbeiten und Bedürfnisse ausblenden sehr lange eine sehr große Rolle gespielt hat. Dieses „Wegdrücken“ hat ihn schließlich krank gemacht, was er aber – bewundernswerter Weise – als große Chance sah, um sein Leben von Grund auf zu überdenken und neu zu starten. Lasst uns starten zu dieser Reise in seine Welt!

Begonnen hat er nach der Schule – wie fast alle Männer zu dieser Zeit – mit der Wehrpflicht bei der Bundeswehr. Diese Welt, die kaum jemand verstehen kann, der nicht in dieser Gemeinschaft war, hat ihn 8 Jahre seines Lebens begleitet. Man muss sich die Bundeswehr wie eine Familie vorstellen, in der vieles geteilt wird – wie Zeit, Gedanken und Erfahrungen, die einen zusammenschweißen. Hier begegnet man Menschen, mit denen man zusammenlebt und den Alltag miteinander teilt, die oft Freunde fürs Leben werden. Nach diesen 8 Jahren bei der Bundeswehr hatte Marc dann Anspruch auf Berufsförderungsdienst, was bedeutet, dass er sich auf Kosten des Staates so weiterbilden kann, dass er nach seiner Bundeswehrzeit gut ausgebildet ins Berufsleben starten kann. Und Marc hat diese Zeit wahrlich genutzt! Er hat eine Ausbildung zum Industriekaufmann gemacht, außerdem seinen Fachwirt für kaufmännische Datenverarbeitung und seinen Wirtschaftsinformatiker oben drauf gesetzt. Er war also nach dieser Zeit bestens für die freie Wirtschaft gerüstet.

Mit Anfang 20 hat er dann seine 1. Frau geheiratet. Sein erster Job war in einer Multimediaagentur, in der er als Projektleiter für Webseiten und IT-Shops gearbeitet hat. Nach und nach war ihm klar, dass er etwas Neues probieren wollte, dass das noch nicht alles sein konnte. So kam er über eine Zeitarbeitsagentur in eine Automobilzulieferfirma, in der er insgesamt 7 Jahre gearbeitet hat. Während dieser Zeit ist seine Ehe zerbrochen. Statt genau hinzusehen und Schmerzen und Wunden zu verarbeiten, hat er sich dann erst so richtig ins Berufsleben gestürzt, um sich abzulenken. Innerhalb des Unternehmens wechselte er schließlich in die Unternehmensberatung. Zu dieser Zeit hat er dort seine 2. Ehefrau kennengelernt. Da ihm der vertraute Job schließlich über war, wollte er wieder etwas Neues versuchen und ist schließlich in die freie Unternehmensberatung gewechselt, auch weil er in der alten Firma am Ende der Karriereleiter angekommen war. Diesen Job übte er 13 Jahre aus, als schließlich auch die zweite Ehe zerbrach. Wieder hat Marc diese Gefühle und Schmerzen weggedrängt, er wollte sich einfach nicht damit beschäftigen, Arbeit war hier sein Ventil, wodurch er seinen unterdrückten Schmerz wunderbar kompensieren konnte.

Depression und Burnout

Ende 30 kam dann schließlich der Hammer, wie er es selbst sagt. Immer schwerer kam er aus dem Bett, konnte sich kaum noch aufraffen, in die Arbeit zu gehen. Der Arzt stellte schließlich eine Depression mit Burnout fest, schon der Gedanke an die Arbeit stresste Marc.
Die damit einhergehenden Symptome wie Schlafstörungen, Abgeschlagenheit, innere Leere, nur noch funktionieren und sich ständig kaputt fühlen hat er wohl über 10 Jahre mit sich herum geschleppt, ohne sie wirklich zu beachten. Das Verdrängen hat also die letzten Jahre überaus effektiv geklappt, allerdings suchen sich Gefühle und Bedürfnisse immer ihren Weg. Wie ein Ball, der unter Wasser gedrückt wird. Das mag eine Zeit lang funktionieren, jedoch kommt er dann mit umso größerer Wucht an anderer Stelle wieder hoch! Unterdrücken ist also zwecklos! Aber das muss wohl jede/r von uns selbst einmal mitgemacht haben, um schließlich einzusehen, dass das „Wegdrücken“ wenig Sinn macht.

Nach der Diagnosestellung hat sich Marc dann für 6 Wochen in eine psychosomatische Klinik zur Reha begeben. In dieser Zeit hat er eine Lebensinventur gemacht und endlich hingeschaut.

Was lief in den letzten Jahren falsch?

Warum ist alles so gekommen?

Warum habe ich immer versucht, es allen recht zu machen? Allen, außer mir?

Diese Fragen und das Hinschauen waren rückblickend die Rettung und Lösung zugleich.

  • Wer bin ich eigentlich?
  • Was kann ich?
  • Was macht mir Spaß?
  • Was will ich?

Ich persönlich finde ja, dass sich diese Fragen jede/r von uns früher oder später im Laufe seines Lebens stellen sollte, um seinen persönlichen Weg zu finden. Marc hat sich diese Fragen zum Glück beantwortet! In zahlreichen Gruppengesprächen wurde Vieles geklärt, vor Ort in der Klinik hat er aber auch gemerkt, dass er mit einem Coach weiter daran arbeiten möchte. Durch diesen ist er im Leben vorangekommen, konnte sich nun endlich auf seinen persönlichen Weg begeben und bei sich ankommen.

Bis zur Depression lebte Marc in der Privatinsolvenz, er wollte einfach immer ein perfektes Familienleben nach außen leben, obwohl es innen anders aussah. Auch die Eigentumswohnung musste schließlich verkauft werden. Dieser mutige Schritt zur Privatinsolvenz hat ihn finanziell gerettet.

Minimalismus als Weg

Seitdem lebt er minimalistischer, hat keinen unnötigen „Schnickschnack“ mehr, konzentiert sich auf das Wesentliche. Und dass das nicht die Dinge oder Statussymbole sind, die er in der Vergangenheit durch viel Arbeiten angehäuft hat, hat er begriffen. Damit einher ging auch ein Umzug in eine kleinere Dachgeschosswohnung, in der er sich zum ersten Mal wirklich mit sich im Reinen fühlt. Durch weniger Platz hat er weniger Dinge, das bedeutet weniger Anhäufen und Aufräumen, dadurch weniger Stress. Marc ist angekommen und entspannt, hat mehr Zeit und auch mehr Geld! Was für eine bewunderswerte Lektion, oder? Er ist seitdem glücklicher Single, konzentriert sich nun erst einmal voll auf sich und sein Leben. Heiraten war ihm immer wichtig, die Mama war alleinerziehend, mit aller Gewalt wollte Marc immer eine heile Welt. Aber der Preis ist manchmal zu hoch, das hat er begriffen. Der Mangel an etwas war noch nie ein guter Ratgeber.

Wie ging es beruflich weiter?

Zurück im Berufsleben (in seinem Job in der Unternehmensberatung) hat er weiter als Prozess- und Organisationsberater gearbeitet, er hat sich auf Veränderungsprozesse und insbesondere die Menschen darin spezialisiert (während dieser Zeit hat er sich laufend nebenbei zum Business-Coach mit dem Schwerpunkt Veränderungsmanagement weitergebildet). Hier hat er jedoch schnell gemerkt, dass ihn diese Arbeit einfach zu viel kostbare Lebenszeit kostet. Ein interner Wechsel, den er wollte, war leider (oder zum Glück?) nicht möglich, so dass er die Firma schließlich verließ. Nebenbei bildet er sich nun weiter in der psychologischen Beratung und im Coaching, worin er seine Stärken sieht. Anderen Menschen aus ihrem Leid zu helfen, wer könnte da wohl besser beraten? Das ist nun das Ziel: Lifecoachings für andere, ihnen beistehen und Wege aus der Krise heraus in ein neues Leben aufzeigen. Er möchte seine Erfahrung weitergeben, sie davor bewahren, diese Fehler auch zu machen und ihnen Wege zeigen, wie sie ihr Leben in die Hand nehmen können. So wie es sein Coach damals gemacht hat.

Auf meine Frage, ob denn die Exfrauen von seiner Depression nichts bemerkt hätten, meinte er nur, dass er seine „Rolle“ einfach perfektioniert hatte. Er hat sie so verinnerlicht und glaubwürdig gespielt, dass er sich selbst ja geglaubt hat! Er hat immer alles verdrängt und sich prima abgelenkt, die viele Arbeit (70 Stunden pro Woche war keine Seltenheit) hat ihn erschöpft, dennoch gab es aber viel Anerkennung und Geld von allen Seiten.

Diese Umstellung von vollen Arbeitstagen, an denen man zu müde ist, um sich über sein Leben Gedanken zu machen auf totale Freizeit (nach der Kündigung) war enorm!

Aber herumsitzen und in den Tag leben ist nicht sein Ding! Er hat sich einen für ihn passenden Tag kreiert, der auch aus für ihn passenden Routinen besteht. (Anmerkung am Rande: Ich beschäftige mich seit Jahren mit der Biographie und den Gewohnheiten von für mich bewundernswerten Menschen. Dabei konnte ich so viele Gemeinsamkeiten aller beobachten, was mich zu dem Schluß kommen lässt, dass es u.a. genau an diesen Gewohnheiten liegt, warum Menschen erfolgreich sind! Dazu zählen z.B. frühes Aufstehen, meditieren, Dankbarkeitsübungen machen, kalt duschen, Podcasts hören, wenig bis kein TV schauen, v.a. keine Nachrichten, viel lesen, visualisieren seiner Ziele usw. Vielleicht gibt es hierzu bald gesondert einmal einen Blogartikel).

Aktiv statt reaktiv

Das ist nun das Motto, das ihn begleitet. Wie sieht nun sein perfektes Morgenritual aus?

  • Früh aufstehen (jetzt weiß er auch, wofür!)
  • Flüssigkeit zuführen (am liebsten warm mit Zitrone)
  • Dehnen & strecken (darüber freut sich v.a. der Rücken)
  • Körperpflege (immer kalt als Abschluss, auch wenn es anfangs Überwindung kostet)
  • Kaffee mit Kokosöl
  • Ca. 30 Minuten meditieren (oft macht er geführte Mediationen per App, z.B. von 7Minds)
  • Führen eines Dankbarkeitsbuches

Seit er diese Routinen fest in sein Leben etabliert hat, hat er morgens nicht mehr das Gefühl, nicht aus dem Bett zu wollen – im Gegenteil freut er sich einfach auf jeden neuen Tag! Der größte Unterschied im Vergleich zum vorherigen Leben besteht darin, dass er nun gerne aufsteht, weil er weiß, wofür! Und dieses Gefühl trägt einen 1000 mal besser aus dem Bett als jeder Wecker es je könnte! Denn dieses achtsame Leben fühlt sich endlich lebenswert und echt an – er weiß, wer er ist und was ihn ausmacht!

Depression als Chance? Ja!

Im Nachhinein sieht Marc die Depression und das Burnout als den Gamechanger seines Lebens, wie ein Warnschuss, der ihn aufgeweckt hat! Ich habe ihn natürlich gefragt, was davon er alles auch veröffentlicht haben möchte, weil es doch sehr persönlich ist! Aber er schämt sich nicht, im Gegenteil! Weshalb ich das hier alles so berichten darf, wie es war! Was ich sehr bewundernswert finde! Aber das zeichnet ihn wohl auch aus! Mit seiner Geschichte andere Menschen aufzurütteln, schließlich möchte er ihnen helfen, ihr Leben ebenfalls selbst in die Hand zu nehmen. Was ist hier authentischer als die eigene Geschichte aus der Krise in eine glückliche Gegenwart! Und genau das will er weitergeben: „Leute, zeigt Euch! Seid ehrlich, v.a. zu Euch selbst! Spielt keine Rolle, sondern lebt dieses Leben!“

Wichtig ist ihm außerdem, mehr nach innen zu schauen. Seit ca. 1 Jahr schaut er kein TV mehr, er will sich nicht mehr ablenken von den wichtigen Dingen; jetzt sind lesen, Podcasts hören, Menschen kennenlernen viel wichtiger. Er beschäftigt sich viel mit sich selbst, mit Persönlichkeitsentwicklung, absolviert gerade eine Ausbildung zum Personal- und Business-Coach – gecoacht hat er andere Menschen in seinem Umfeld irgendwie schon immer – vermutlich ist es seine Berufung.

Zum Abschluss habe ich Marc dann noch einige Fragen gestellt:

Welche Podcasts hörst du gerne?

„Ich liebe Podcasts und höre sie v.a. abends gerne – statt fernsehen.“

Welche Bücher haben dein Leben verändert?

„Generell Bücher über Persönlichkeitsentwicklung, die Fragen wie: Warum bin ich hier? und Wer bin ich? beantworten bzw. beleuchten. Hier ist auf jeden Fall ein Buch besondern zu benennen: Café am Rande der Welt von John Strelecky*

Was tust du in deiner Freizeit gerne?

„Ich gehe gerne in die Natur zum Spazieren, außerdem koche ich gerne.“

Welchen Tipp würdest jemandem geben, der unter Depressionen bzw. einem Burnout leidet?

„Sei du selbst und hör‘ auf dich zu verstellen und Rollen zu spielen.“

Wo stehst du in einem Jahr?

„Ich habe meinen festen Kundenstamm aufgebaut, gebe Coachings, Workshops und Seminare zu bestimmten Themen, wie z.B. Klarheit, Ängste überwinden, mutig ins Leben gehen usw. Ich lebe mein Leben und weiß, wer ich bin und was ich will. Und ich möchte anderen Menschen helfen, dass sie das auch (wieder) wissen!“

Und zum Schluss wollte ich noch sagen…

„Geh‘ da raus und mach‘ dein Ding! Es ist egal, was andere davon denken und darüber sagen, denn es ist dein Leben. Lebe es authentisch und mutig in Freiheit!“


Ich danke Marc Tillmann für dieses tolle Interview, das mich sehr berührt hat. Dass er seine Geschichte erzählt, damit andere daraus lernen. Damit sie nicht die gleichen Fehler machen und ihre Bedürfnisse und Wünsche unterdrücken. Was für eine Inspiration! Bitte teilt mir gerne mit, wie es euch gefallen hat, was ihr Marc mit auf den Weg geben wollt, ob Ihr vielleicht etwas ähnliches durchlebt habt und gestärkt aus der Krise hervorgegangen seid!

Aufgeräumte Grüße,
Eure
Petra

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