
Vor ca. 6 Jahren war ich das erste Mal auf einem Thermomix – Erlebniskochabend. Hier wurde das damals aktuelle Modell vorgestellt und fleißig damit gekocht, wir konnten alle Funktionen sehen und live erleben, außerdem gab es etwas Leckeres zu essen. Ab da war für mich klar: DEN will ich auch! Der hohe Preis und die damals sehr, sehr, sehr kleine Küche machten es mir quasi unmöglich, dieses Hightech-Gerät zu kaufen. Aus dem Kopf ist er mir nie gegangen…
„Eines Tages werde ich ihn mir kaufen“, das hatte ich immer in Gedanken. Zahlreiche Freundinnen (v.a. die mit noch sehr kleinen Kindern) schworen einstimmig, dass es das Beste ist, um selbst Babynahrung herzustellen. Ok, aus diesem Alter waren wir ja nun draußen, dafür brauchte ich ihn also nicht mehr. Dennoch kam er mir wie DIE Lösung für mich vor – nicht allzu kochbegeistert, meist muss es schnell gehen und dennoch natürlich lecker schmecken, ohne großen Aufwand. Habe ich schon einmal erwähnt, dass ich eine große Verfechterin des Pareto-Prinzips bin? Pareto klingt doch lustigerweise fast wie Petra-O 😉 Also minimalen Aufwand für maximales Ergebnis! Also das perfekte Gerät für mich und meine Küche!
Vor Weihnachten 2019 war es dann soweit – ich hatte gespart und gönnte mir den Thermomix zum Geburtstag und Weihnachten – als Geschenk für mich selbst. Mein beim Essen sehr wählerischer Sohn (in Nürnberg sagt man „gnäschig“ dazu) hatte wie gesagt einen sehr eigenen Geschmack – am liebsten kein Gemüse (Vergiftungsgefahr!), kein Reis (schmeckt nicht!), nichts, was er nicht kennt (wie soll das gehen?). Gerade auch für ihn – und natürlich für mich, die nicht unbedingt immer nur Nudeln mit bekannter Soße essen möchte – habe ich den Thermi (liebevoll genannt) als den perfekten Küchenhelfer für unseren Haushalt gesehen.
Die zubereiteten Gerichte sind leider nicht ganz so erfolgreich angekommen. Ich bereitete z.B. einen Pizzateig mit Dinkelmehl zu (auch Dinkel gehört zu der langen No-go-Liste meines gaumenverwöhnten Sprösslings!), so dass die Pizza kaum angerührt wurde. Verschiedene Soßen waren auch nicht der richtige Geschmack, ein Pudding kam auch nicht wie erhofft an, verschiedene Kuchen „konnte man essen“, waren aber im Vergleich zu meinem herkömmlich zubereiteten Marmorkuchen nicht erwähnenswert. Kurz: alle Versuche, ihn kulinarisch zu überzeugen, scheiterten. Dabei wollte ich eben nicht wieder zwei verschiedene Gerichte kochen bzw. nur für mich etwas zubereiten und für ihn „nur Nudeln“.
So langsam verging mir die Lust, etwas mit dem Thermomix zuzubereiten. Dazu kam, dass er in meiner Küche wahnsinnig viel Platz beanspruchte – ein großes Gerät mit viel Zubehör. Zwischen den Jahren stand er dann ausschließlich in der Ecke herum, hatte quasi Ferien. Aber dafür war er ja eigentlich zu schade. Und zu teuer. Ich hatte immer weniger Lust, ihn anzuschmeißen und mir wieder ein Rezept aus der – zugegeben riesigen – Datenbank herauszusuchen. Das dann doch wieder nicht für gut befunden wurde.
Hinzu kam, dass ich in dieser Zeit plötzlich totale Lust hatte, „richtig“ zu kochen, mir Rezepte aus Zeitschriften und Kochbüchern zu suchen und Menüs zuzubereiten . Ich mochte es auf einmal, in der Küche am Herd zu stehen und selbst zu brutzeln, verschiedene Soßen zu kreieren und eigentlich nicht nur alles unter Anleitung in einen Topf zu werfen. Ich weiß, das klingt ganz schön brutal, das hat der Thermomix nicht verdient – aber in dieser Zeit kam mir die Erkenntnis, dass ich mir meinen „alten Küchentraum“ erfüllt hatte, dass es aber gar nicht mehr zu meinem Leben passte.
Manchmal bedeutet Glück, dass Du etwas nicht bekommst
– Dalai Lama
Kennst du das auch? Manchmal hat man Dinge im Kopf, die man „später“ einmal machen möchte, die man sich leisten will, die aber dann – nach der Erfüllung – genau genommen gar nicht mehr zum aktuellen Selbst und den Wünschen passten. So war es bei mir. Ich hatte mich verändert, dachte immer, dass der Thermomix für mich als Minimalistin DIE Erleichterung in der Küche wäre und ich somit nur noch „einen für alle Fälle“ bräuchte und alles andere wird plötzlich überflüssig. Integrierte Waage, Mixer, Kochtopf, Garen usw.

Am Ende sah es aber so aus, dass er eben nicht zu mir passte, WEIL ich minimalistisch geworden bin. Weil ich es einfach und schnell mag, weil ein riesiges Gerät mich eher erschlägt und nicht glücklich macht. Weil ich ein schlechtes Gewissen hatte, wenn ich früh in die Küche kam und er mich „vorwurfsvoll“ anblickte (ok, das ist sicher übertrieben, aber du weißt, was ich meine). Weil ich die ganzen zusätzlichen Teile für alle möglichen und unmöglichen Funktionen (die ich gar nicht brauchte!) irgendwie in meinen Schränken unterbringen musste. Gerade weil ich übersichtliche Schränke und Schubladen habe, habe ich mich geärgert, dass da mit einem Mal wieder alles voll steht. Ich werde nicht selbst meinen Joghurt zubereiten (weil ich gar keinen esse), auch nicht „Sous-vide-garen“, emulgieren oder viele weitere Dinge tun. Was noch alles möglich wäre, kann ich hier gar nicht alles aufzählen.
Auch wenn es jetzt so klingt: ich will nicht über den Thermomix schimpfen. Er kann tatsächlich nichts dafür. Ich habe damit zum Beispiel auch leckere Brotaufstriche für mein Geburtstagsfrühstück in der Arbeit zubereitet. Aber Brotaufstriche kann ich auch so! Er soll ja kein Brotaufstrich-Zubereiter sein.
Aber: ich habe für mich einfach entschieden, dass ICH ihn nicht brauche! Diese Entscheidung hat einige (schlaflose) Nächte gebraucht. Ich habe sehr mit mir gerungen – was ich nun tun möchte, ob ich ihm noch weitere Chancen gebe. Als die Entscheidung dann aber gefallen ist – dass ich ihn weggegeben möchte, ist mir ein riesiger Stein vom Herzen gefallen. Letztendlich will ich ja nur noch von Dingen umgeben sein, die mich glücklich machen, die mein Leben erleichtern und mir gut tun, die ich voller Freude betrachte. Und das war eben nicht gegeben.
Diesen Traum musste ich mir wohl erfüllen – um zu sehen, dass es ein alter Traum war, dessen Erfüllung mir nicht das erhoffte Glück und die Zufriedenheit brachte. Dass ich diesen Wunsch aus vergangenen Jahren vielleicht nun auch zum Trotz oder „weil ich es kann“ verwirklichen wollte. Jedenfalls bereue ich es nicht, der Thermomix ist in die besten Hände verkauft – somit sind beide Seiten glücklich. Und ich definitiv um eine Erfahrung reicher.

Und heute? Genieße ich früh wieder den Gang in meine Küche, in der alles genau so ist, wie ich es möchte. Und wenn ich Lust zum Kochen habe, koche ich. Wenn nicht, gibt es etwas schnelles und einfaches. Und mein Sohn? Ist froh, dass er nicht weiter so „ausgefallene“ Rezepte versuchen muss. Er wächst und gedeiht prima, ihm fehlt es an nichts. Irgendwann kann ich auch mehr „neue“ Sachen probieren, ohne dass er sich vergiftet fühlt. Aber das schaffe ich auch mit herkömmlichen Methoden 😉
Aufgeräumte Grüße,
deine Petra